Zahlen lügen bekanntlich nicht. Wenn Sie Lust haben, sich mit den Arbeitslosenzahlen in der Schweiz zu befassen, werden Sie in einer Publikation des Bundesamts für Statistik (www.bfs.ch) interessante Fakten entdecken: Die Arbeitslosenquote ist bei den «Senioren» (55+) nicht höher als in anderen Altersgruppen, sondern sogar niedriger. Hingegen dauert die Stellensuche länger, was sich in der Statistik niederschlägt. Die Gründe sind unter anderem die Kosten für das Unternehmen, vermeintlich fehlende Flexibilität und Anpassungsfähigkeit oder die längere Einarbeitung. Bei Ganci interviewen und vermitteln wir auch ältere Kandidatinnen und Kandidaten, weshalb wir unseren persönlichen Eindruck zu diesem Thema einbringen möchten.
Es ist uns wichtig, an der Seite unserer Kandidatinnen und Kandidaten zu sein, wenn sie bei unseren Kunden ein Gespräch haben. Was wir dabei feststellen? Je erfahrener die Personen sind, desto weniger halten sie sich an die Grundregeln, was die Redezeit und die Bereitschaft zum Zuhören betrifft. Mit anderen Worten: Je länger der Lebenslauf ist, desto mehr monopolisiert der Bewerber oder die Bewerberin das Gespräch, an dem sich eigentlich alle Beteiligten etwa gleich stark einbringen sollten.
Doch weshalb ist das so? Logischerweise hat eine Person mit mehr Erfahrung auch mehr zu erzählen. Dreissig Jahre Erfahrung im Detail auszubreiten, ist jedoch keine erfolgversprechende Strategie. Im Gegenteil, die Erfahrung und der Abstand zum Erlebten sollten dazu befähigen, das Wesentliche in wenige Worte zu fassen. In einem Briefwechsel mit einem Freund schrieb einst der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal: «Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit.» Die Fähigkeit, prägnant zu sein, ist eine Kunst, die man lernen und vor allem vorbereiten muss – seriöse Arbeit also.
Oder liegt es an der Nervosität? Eine Person kann spüren, dass in einem Gespräch viel auf dem Spiel steht, was ja auch stimmt. Diese Anspannung kann lähmen oder aber verhindern, dass die natürlichen Filter ihre Wirkung entfalten. Zur Nervosität kommt noch die Angst vor der Stille hinzu, weshalb Pausen mit unnötigen Aussagen gefüllt werden.
Die dritte und schlimmste Hypothese ist zu viel Selbstvertrauen, das heisst die eigenen Fähigkeiten, Kompetenzen und Möglichkeiten werden nicht hinterfragt. Überspitzt gesagt: Man kann nicht jemanden wie mich, der so viel weiss und so viel erlebt hat, nicht einstellen. Die Todsünde: Quantität statt Qualität.
Was sind die Folgen? Der Eindruck einer übermässig selbstbezogenen Person, die wenig Interesse daran hat, zuzuhören und sich auszutauschen. Das sind die Vorboten eines Misserfolgs. Wie schade! Ein Unternehmen ist an erfahrenen Personen gerade wegen ihrer Erfahrungen interessiert. Aber Erfahrung bedeutet nicht nur berufliches Know-how, sondern auch die Fähigkeit, zu interagieren, zu motivieren, zu vermitteln und zuzuhören. Kurz gesagt: soziale Kompetenzen. Und diese entwickeln sich besonders mit zunehmendem Alter. Warum sollten wir also diese Chance verderben? Zeigen wir unsere Motivation nicht dadurch, dass wir unseren Gesprächspartner in einer Flut von Worten ertränken, sondern indem wir ein echtes Interesse an einem Austausch zeigen.