Legen Sie eher einen coachenden Managementstil an den Tag oder verfolgen Sie einen integrativen, partizipativen Ansatz und neigen dazu, Verantwortung abzugeben? Es ist interessant, ja sogar faszinierend, die Entwicklung nicht der Managementpraktiken selbst, sondern deren Marketing zu beobachten.
Denn letztendlich hat jede Epoche ihr eigenes Dogma. Früher musste man bestimmend sein, heute muss man sich wohlwollend und fürsorglich zeigen. Gestern haben wir Teams geleitet, heute «begleiten wir Talente». Menschen in Managerpositionen haben nicht länger Mitarbeitende, sondern sprechen von «Teamkolleginnen und -kollegen», mit denen sie «ein gemeinsames Abenteuer wagen». Vorgesetzte schmücken sich heute mit einschlägigen Bezeichnungen wie Chief Happiness Officer, Talent Sherpa oder Fachperson für Talent-Entwicklung.
Wir halten es für wichtig, sich zu fragen, wie jemand in einer Managementposition seine Teams dazu motiviert, Leistung zu erbringen und sowohl institutionelle als auch persönliche Ziele zu erreichen. Doch müssen wir tatsächlich Ansätze einführen, die den geistigen Horizont von kreativen und engagierten Managerinnen und Managern einengen und ihnen keine oder kaum Alternativen lassen?
Während wir mit solchen Fragen ringen, machen Unternehmen einfach weiter wie bisher: Sie streben nach Leistung, bemühen sich um Kostenkontrolle und die Erschliessung neuer Märkte, Dienstleistungen und Produkte. Hinter all dem Gerede von Befreiung bleibt die beengende Hierarchie oftmals viel zu lebendig, angetrieben von Unternehmenspraktiken, die nicht wirklich die Bereitschaft fördern, Fehler zuzugeben.
Auch wenn der neue Katechismus des Managements eine gewisse Erlösung durch Wohlwollen verspricht, führt er doch allzu oft zu Konformität aufgrund toxischer Unternehmenskulturen. Frei sollte man sein, den Begriff der Freiheit dabei aber richtig verstehen. Autonomie ist gut und recht, aber dennoch ist Anpassung unerlässlich. Und verantwortlich hat man zu sein, jedoch immer nur für die eigenen Fehler.
Kann es also sein, dass in Sachen Managementpraktiken im Grunde genommen alles beim Alten geblieben ist? Vielleicht würden ein wenig Klarheit, Mut und viel Respekt und Einfühlungsvermögen ausreichen – so ganz ohne jede semantische Glasur. Denn Menschen mit echten Führungsqualitäten haben es nicht nötig, ihr Vorgehen zu vermarkten: Sie übernehmen Verantwortung, treffen Entscheidungen, erklären, unterstützen, entwickeln und kommunizieren. Kurz: Sie verfügen über Know-how, das in keinem Handbuch für gute Managerinnen und Manager zu finden ist und sie müssen keine grossen Reden schwingen.
Sollten wir demnach den Atheismus des Managements als eine mögliche Option ins Auge fassen?




