Wie man ehrlich zu sich selbst ist

Wir alle begegnen ihnen im beruflichen oder privaten Umfeld. Wir schätzen sie an sich, sind manchen freundschaftlich verbunden: Personen, die sich beklagen – über ihr Unternehmen, ihre Vorgesetzten, ihre Aufgaben, ihre Funktion oder alles zusammen! Und die daran nichts ändern. Die Stelle, den Aufgabenbereich, den Chef oder den Arbeitgeber wechseln? Fehlanzeige! Nicht einmal eine kleine Weiterbildung, um die Illusion zu bewahren, dass sie sich Karrieremöglichkeiten schaffen.

Von aussen gesehen und je nach Grad der Unzufriedenheit der Betroffenen wirkt es, als seien sie im falschen Film oder sogar etwas masochistisch veranlagt. Weshalb unternimmt eine Person, die in der Lage wäre, ihre Arbeitsbedingungen zu ändern, einfach gar nichts?

Eine erste Erklärung ist eine Form von Trägheit, die wir alle kennen. Die Energie, die es für Veränderungen braucht, zum Beispiel für eine Weiterbildung, ist manchmal schwierig aufzubringen, vor allem, wenn sich jemand müde fühlt. Mit anderen Worten: «Ich bin unzufrieden, aber nicht so sehr, dass ich gehen will.» Manchmal fehlt es an Mitteln – finanziell, logistisch, organisatorisch: «Ich bin unglücklich, doch meine Lebensumstände verunmöglichen es mir, ein so einschneidendes Projekt wie einen Stellenwechsel zu bewältigen.»

Manchmal begnügen sich Betroffene mit kurzen Jammerattacken, die dafür sorgen, dass sie ihre Frustration abbauen können, so wie das Weinen in emotionalen Situationen entspannt und einen Neuanfang ermöglicht.

Erstaunlicher ist, dass so viele dennoch ihre Stelle nicht wechseln, obwohl der Schweizer Arbeitsmarkt attraktiv, flexibel und liberal ist und somit Anreize für eine gewisse Risikobereitschaft bietet.

Doch das wahre Problem liegt im sekundären Gewinn[1] oder im unbewussten Interesse, das jemand daran hat, eine unangenehme Situation auszuhalten. Der sekundäre Gewinn ist nicht zu verwechseln mit bewusst wahrgenommenen Vorteilen einer Beschäftigung, zum Beispiel wenn jemand mit seiner Stelle nicht glücklich ist, diese aber behält, weil der Lohn attraktiv und das Unternehmen in der Nähe ist, weil es eine Krippe bietet oder das Klima im Team besonders angenehm ist. In diesem Fall basiert die Entscheidung auf einer rationalen Abwägung von Kosten und Nutzen, die Unzufriedenheit wird in Kauf genommen und als Preis für die empfundenen oder realen Vorteile gesehen.

Der sekundäre Gewinn dagegen hat etwas Pathologisches: Er hält eine Person zum Beispiel in einer beruflich unbefriedigenden Situation gefangen, weil sie dann

  • weiterhin über ihre Tätigkeit klagen kann und so Mitgefühl aus ihrem Umfeld erhält.
  • der Auseinandersetzung mit ihren eigentlichen inneren Dämonen aus dem Weg gehen kann: der Angst vor Erfolg oder Misserfolg, davor, das gewohnte soziale Umfeld zu verlassen oder am Arbeitsplatz, von der Familie oder im Freundeskreis anders gesehen werden.
  • weiterhin träumen kann, ohne mit der Realität konfrontiert zu werden. Denn wenn man sich Träume erfüllt, kann dies auch eine Leere hinterlassen…. weil danach keine Träume mehr da sind.

Dass Betroffene am bequemen Status quo festhalten, hat vielfältige Gründe. Doch früher oder später wird es sich als Bumerang erweisen. Deshalb sollte man sich im Klaren darüber sein, aus welchen Beweggründen man mit seiner Unzufriedenheit lebt, ohne etwas zu ändern.


[1] Das Konzept des sekundären Gewinns stammt aus der Psychoanalyse und steht für indirekte, aber unbewusste Vorteile einer Situation, mit der jemand eigentlich objektiv gesehen nicht zufrieden ist.

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