In der rastlosen HR-Gemeinde, die einen unstillbaren Durst nach neuen Konzepten hat, ist Agilität seit einigen Jahren der absolute, unantastbare, unvergänglich scheinende Begriff. Da wir ihn in allen möglichen Situationen hören und selber benutzen, haben wir uns gefragt, woher er eigentlich stammt und weshalb er im HR- und Unternehmensjargon allgegenwärtig ist.
Wenn wir im guten alten Duden nachschlagen, lesen wir zu «agil» folgende Erklärung: von grosser Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig.
Eigentlich ist es erstaunlich, dass ein hochgradig konzeptuelles und auf den Thron der Unternehmensphilosophie gehobenes Ideal auf einen sehr «mechanischen» Begriff zurückgeht, der mit Bewegung und nicht mit dem Intellekt in Verbindung steht. Vielleicht scheint Ihnen das jedoch logisch, weil die Grundidee darin besteht, dass die einzelne Person und das Unternehmen als Ganzes rasch reagieren. Hinter diesem Begriff der Agilität verbirgt sich allerdings manchmal auch eine andere Idee, ein Instinkt, sich zu verändern, aber vielleicht auch… zu überleben.
Es scheint offensichtlich, dass sich die Komplexität in den Unternehmen im Gleichschritt mit der Komplexität unserer Welt entwickelt und in der Geschäftswelt mit dem Wunsch einhergeht, Umwälzungen in einer Branche zu antizipieren. Agilität würde es einer Organisation und ihren Mitarbeitenden demnach ermöglichen, sich zügig zu verändern und anzupassen, neue Wege zu beschreiten oder manchmal auch einfach den Schaden zu begrenzen. Agilität passt somit eher in ein reaktives als in ein proaktives Setting.
Angesichts der aktuellen Lustlosigkeit infolge des Zusammenspiels aus unsicheren Wirtschaftsprognosen und einer lähmenden Gesundheitskrise erinnert das Konzept der Agilität jedoch zuweilen an eine laute Kakophonie mit dem allgemeinen Aufruf, etwas zu wagen und mutig zu sein – und wie ein Rudel Affen von einem Ast zum nächsten zu springen und sich erst im Nachhinein zu fragen, ob die Idee wirklich gut war. Womit wir wieder bei der ursprünglichen, mechanischen, instinktiven und reaktiven Idee wären.
Je lauter die Forderung nach Agilität, desto weniger weitsichtig und präzise ist unserer Erfahrung nach, die Vision.
Wie immer hat der Mensch, insbesondere im HR, das Bedürfnis, komplizierte Themen auf einfache, verständliche Konzepte zu reduzieren, zum Beispiel unter dem Begriff Agilität. Bei Ganci Partners setzen wir lieber auf Lebendigkeit als auf Agilität. Das gilt für den Geist, aber auch für den Körper und für Bewegungen. So kann man den richtigen Ast auswählen und dessen Tragfähigkeit im Voraus einschätzen.